Editorial

Wilhelm II.
Tradition und Moderne

Friedrich Wilhelm Albert Viktor von Hohenzollern (1859-1941), in den 30 Jahren von 1888 bis 1918 als Wilhelm II. letzter Deutscher Kaiser und König von Preußen: Er ist den heutigen jüngeren Deutschen – wenn überhaupt – meist nur als angeblich polternder Militarist, großspuriger Redner und hohlköpfiger Denkmal­fetischist bekannt. Zudem habe er einen autoritären Untertanen­staat regiert, der für die heutige Zeit ohne Bedeutung sei, und Deutschland und die Welt leichtsinnig in den Ersten Weltkrieg hineingesteuert.

Kaum eine Persönlichkeit der neueren deutschen Geschichte ist so umstritten wie die Wilhelms II. Wobei anzumerken ist, daß das bis in unsere Tage anhaltend negative Zerrbild in erster Linie auf die alliierte Propaganda des Ersten Weltkrieges und die Kaiser-Biographie von Emil Ludwig aus dem Jahre 1925 zurückgeht, die seitdem vor allem von John Röhl undifferenziert fortgeschrieben wurde und die öffentliche Meinung in den letzten Jahrzehnten bestimmte. Der Schatten der zweifellos überragenden Gestalt des Kaisers reicht bis unsere Gegenwart hinein. Für viele weckt die Erinnerung an ihn und seine Epoche noch heute Ressentiments – dabei sollte mit zunehmendem zeitlichen Abstand ein vorurteils­freies Bild des letzten Kaisers und der Ära, die wir mit seinem Namen verbinden, möglich sein.

Wilhelm II.-Portrait von Philip Alexius de László, 1908

Der letzte Hohenzoller auf dem Thron hat – in seiner, wie man leicht vergißt, immerhin 30 Jahre währenden Regierungs­zeit – erheblich an der Entstehung des modernen Deutschland mitgewirkt. Als Schlüssel­figur, die das Schicksal der Deutschen in hohem Maße mitbestimmt hat, verdient er auch heute noch unser brennendes Interesse. Bild und Wort dieser Website haben sich zum Ziel gesetzt, die zahllosen Fehl- und Vorurteile in neuem Licht zu betrachten und vor allem der jüngeren Generation ein lebendiges und sachliches Bild dieser Epoche zu zeichnen.

In erster Linie geht es dieser Internet­präsenz darum, ein wahrheits­getreues Bild des Deutschen Kaiser­reichs bis 1918 zu vermitteln, einen weniger verzerrten Blick auf Wilhelm II., die prägende Person dieser Epoche, zu ermöglichen und die Ursachen des Ersten Weltkrieges jenseits gängiger Vereinfachungen und Verall­gemeinerungen aufzuzeigen.

Diesem Ziel fühlt sich diese Website verpflichtet – diesem Gedanken, ganz im Geiste des lateinischen sine ira et studio, dienen alle von uns hier zusammen­getragenen Dokumente, Essays, Zitate, Artikel und Bilder.

Wir wünschen eine gewinnbringende und anregende Zeit auf wilhelm-der-zweite.de!

Glanz aus der Kaiserzeit heute: Im historischen Schloßhotel im Grunewald in Berlin – bekannt als Quartier der deutschen Fußball-Nationalmannschaft bei der WM 2006 – ließ Hoteldesigner Karl Lagerfeld Bilder von Kaiser Wilhelm II. und seiner Frau anbringen.

„Was ist so interessant am letzten deutschen Kaiser? Dass er der letzte war? Dass Deutschland unter seiner Herrschaft wirtschaftliche, technische, wissen­schaftliche und kulturelle Höhenflüge erlebte? Dass diese Höhenflüge mit der Urkatastrophe des Ersten Weltkriegs endeten? Es mag diese Finalität sein, dieses Unter- und Abgründige in der Geschichte des wilhelminischen Kaiserreichs, das Forscher und Leser bis heute fasziniert.“

— Prof. Ute Frevert, Yale University. In: DER SPIEGEL, Heft 39/2008, S. 42

   Unsere Leserbriefe im SPIEGEL, Heft 41/2008, zum Artikel von Prof. Ute Frevert